Tolstoi hat mit „Krieg und Frieden“ auf über 2000 Seiten ein Kriegsepos geschaffen, wovon 70 Seiten Dave Malloy als Inspiration für sein Musical dienten. Die europäische Erstaufführung seine preisgekrönten „Natascha, Pierre und der große Komet von 1812“ ist nun am Landestheater Linz zu sehen. Wir haben die Show dort besucht und berichten euch:

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Das Musical „Natascha, Pierre und der große Komet von 1812”:

Das Stück begleitet Natascha, die mit Andrej verlobt ist, welcher jedoch im Krieg gegen Napoleon dient. Während seiner Abwesenheit verfällt sie dem charmanten Anatol. So findet sich Natascha im Gefühlskonflikt zwischen den beiden Männern wieder. Derweil betrügt Anatols Schwester Hélène ihren Mann Pierre, der sich unglücklich in eine Sinnkrise stürzt. Den Abend über entwickelt sich ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht zwischen den unterschiedlichsten Personen in der Moskauer Gesellschaft. Bereits im Prolog werden die Besucher auf ihre Programmhefte verwiesen, die einen Überblick geben, bevor in Folge das Geschehen von den Charakteren in bester Tolstoi Manier selbst beschrieben wird.

Dave Malloys Musik ist ebenso komplex wie der Inhalt des Stücks und betont diesen ununterbrochen. So begleitet teils nur das Klavier die Texte, bevor diese mit Unterstützung von Streichern oder andere akustischen Instrumenten an Dynamik und russischen Anklang gewinnen. Tom Bitterlich leitet das Orchester sowie die musizierenden Ensemble-Mitglieder den ganzen Abend gekonnt und sorgt so für einen durchgängig vollen Klang. Neben dem Klangteppich zum Geschehen gibt es auch melodische Balladen und mitreißende Elektropop-Sequenzen zu hören, die das Publikum mitreißen.

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Die Besetzung der Premiere:

Christian Fröhlich übernimmt als Pierre auch selbst das Klavier sowie Akkordeon und bleibt darüber hinaus zunächst eher hintergründig bei seinen Studien. Doch in seinen Soli bringt er mit dunklem Timbre seine aufgewühlte Suche nach dem Sinn des Lebens stimmstark zum Ausdruck.

Hanna Kastner tritt als unschuldige Natascha auf. Sie ist sichtlich in ihren Andrej verliebt und schwärmt mit klarer Stimme von ihm, doch verliert sich mit ihrer naiven Art in den Wirren Moskaus und sucht dort emotionalisiert nach Orientierung.

Gernot Romic strahlt als Anatol bereits bei seinem ersten Auftritt unerschütterliches Selbstbewusstsein aus und macht als Verführer eine gute Figur. Auch stimmlich kann er insbesondere in den Höhen beeindrucken.

Lisa Antoni verleiht Sonja eine warmherzige Ausstrahlung mit ihrem hellen Sopran. Als Nataschas Freundin versucht sie dieser stets gutmütig zu helfen und die schwierige Situation zu navigieren.

Sanne Mieloo tritt als Patentante Marja D. bestimmt auf und weist die Mädchen in der Gesellschaft streng, aber liebevoll mit kräftigem Organ zurecht.

Daniela Dett steht als Hélène trotz der Ehe mit Pierre vor allem ihrem Bruder Anatol intrigant bei und lenkt das Geschehen mit ihrer rauen Stimme.

Lukas Sandmann ist als Dolochow Hélènes Liebhaber und bildet mit ihr, aber vor allem seinem Freund Anatol ein furioses Duo.

Das ganze Ensemble bringt die zahlreichen Charaktere entsprechend der Vorgabe aus dem Buch treu auf die Bühne und erweckt diese mit einer ansteckenden Spielfreude zum Leben. Diese wird besonders in den energiegeladenen Choreografien von Kim Duddy sichtbar, welche auf den Punkt getanzt werden.

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Die Show in Linz:

Die gesamte Inszenierung von Matthias Davids lebt von einer mitreißenden Dynamik, die nur in seltenen Momenten durch das beschreibende Buch Längen bekommt. Bereits beim ersten Auftritt des Ensembles durch den Zuschauerraum wird der immersive Charakter des Abends deutlich. Auch Michael Grundner lässt das Auditorium in seinem Lichtdesign stets erhellt und setzt darüber hinaus stimmungsvolle Akzente, die die Erzählung unterstützen. Auch die farbenfrohen, charakterisierenden Kostüme von Andrew D. Edwards unterstützen diese. Auf Edwards Bühne spielt die Handlung auf mehreren Ebenen in einem verschachtelten Treppengebilde.

„Natascha, Pierre und der große Komet von 1812″ ist ein komplexes Musical, welches Hommage an Tolstois „Krieg und Frieden“ zollt. Am Landestheater Linz ist die europäische Erstaufführung des innovativen Musicals mit einem spielfreudigen Ensemble und dynamischer Inszenierung gelungen.

Weitere Informationen und Tickets für „Natascha, Pierre und der große Komet von 1812“, das Musical in Linz erhaltet ihr hier.

Besuchte Vorstellung: 30. April 2023  im Landestheater Linz.

Vielen Dank an das Landestheater Linz für die freundliche Bereitstellung der Pressekarten für „Natascha, Pierre und der große Komet von 1812“!

(Bildquelle (c) Reinhard Winkler)

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