Im April kehrte „Der Glöckner von Notre Dame“ in einer Neuinszenierung nach Deutschland zurück, wo es 1999 bereits uraufgeführt wurde. Nach einer siebenmonatigen Spielzeit im Theater des Westens gastiert das Disney-Musical nun für zwei Monate im Deutschen Theater München. Wir waren bei der Premiere und berichten euch:

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Im Stück (Buch von Peter Parnell) nimmt der Erzdiakon Claude Frollo den entstellten Quasimodo bei sich auf, um ihn zu erziehen und auch vor der Welt zu verstecken. Trotz dieser Erziehung möchte der Bucklige die Welt außerhalb des Notre Dames kennenlernen und bricht am Narrenfest aus, um Paris zu entdecken. Bei seinem Tag in der Stadt trifft er auf eine Zigeunerbande. Unter ihnen ist auch die schöne Esmeralda, die sein Leben – und das vieler anderer – auf den Kopf stellt…

Alan Menken zeichnet sich für die Musik verantwortlich, in die – passend zum Setting – ein 24-köpfiger Chor integriert wurde. Das 15-köpfige Orchester, unter der Leitung von Bernhard Volk, spielt mit viel Energie und erzeugt zusammen mit den Hauptdarstellern, dem Ensemble und dem Chor, einen opulenten Klang, der das Highlight des Abends darstellt und stellenweise für Gänsehaut sorgt. Die Lieder, egal ob emotionale Ballade oder schwungvolle Ensemble-Nummer, bleiben so nachhaltig im Gedächtnis. Die Texte schrieb Stephen Schwartz und Michael Kunze übersetzte.

David Jakobs Darstellung des ‚Quasimodo‘ geht ans Herz. In der Rolle zeigt er eine große Palette an Emotionen, die er allesamt authentisch auf die Bühne bringt und auch seine Körperlichkeit entspricht der des missgebildeten Glöckners. Neben seinen schauspielerischen Qualitäten kann er mit seiner starken Singstimme brillieren, welche besonders gut in „Wie aus Stein“ zur Geltung kommt.

Die Zigeunerin Esmeralda wird von Sarah Bowden gespielt. Neben dem schönen Äußeren und einer kräftigen Ausstrahlung kann sie im Laufe des Stücks – und vor allem im rührenden Zusammenspiel mit Quasimodo – einen schönen Charakter an den Tag legen. Mit ihrem Sopran kann Sie vor allem in ihren emotionalen Balladen überzeugen.

Als Erzdiakon ‚Claude Frollo‘ stellt Felix Martin eine unsympathische, strenge Vaterfigur dar und zeigt seinen inneren Konflikt zwischen der Kirchenfigur und dem Menschen. Er dominiert das Geschehen mit einer starken Bühnenpräsenz, welche in seinem Solo „Das Feuer der Hölle“ den Höhepunkt findet und dank einer ebenso kräftigen, finsteren Stimme für langen Applaus sorgt.

Der Hauptmann ‚Phoebus de Martin‘ (Maximilian Mann) wurde mit dem Schutz Notre Dames betraut, doch als er sich in Esmeralda verliebt muss er sich zwischen Liebe und seiner Karriere entscheiden. Sein Duett mit ihr, „Einmal“, wird durch die Chemie der beiden und seine warme Stimmfarbe zu einem Höhepunkt des Abends.

‚Clopin Trouillefou‘ ist das Oberhaupt des Wunderhofes – einem Ort für jegliche Randgruppen. Diese Rolle verkörperte Jens Janke bereits vor 18 Jahren und nun erneut, wobei er in der Neuinszenierung nicht mehr als Erzähler durch die Geschichte führt. Der lebenslustige Zigeuner steht für seinesgleichen ein und arbeitet mit raffinierten Tricks. Er singt kräftig, bleibt aber rollenbedingt etwas blass.

Das Ensemble ist spielfreudig und arbeitet mit vielen Emotionen und Details – egal ob als Pariser Bürger, Zigeuner & Co, Mitglieder des Militärs oder gar als Steinfiguren. Der Gesang ist durch viele kräftige Stimmen geprägt und trägt viel zu diesem beeindruckenden Klang-Erlebnis bei.

Das Bühnenbild (Alexander Dodge) ist von einem großen Holzgestell mit mehreren bespielbaren Ebenen und sieben großen Glocken geprägt – mit kleinen Elementen, die das Ensemble geschickt platziert, und stimmigen Lichteinstellungen ist das ein passender Rahmen für schöne Bilder, bei denen die Geschichte im Vordergrund bleiben soll. Auch die Kostüme (Alejo Vietti) , die zwischen farbenfrohen Kleidern und schlichten Roben wechseln, sind passend, stellen sich aber nicht in den Vordergrund. Der Fokus des Abends liegt auf der Geschichte und ihren Darstellern – die gelungene Inszenierung von Scott Schwartz erzählt mit vielen Details und guten Einfällen eine emotionale, wenn auch etwas düstere,  Geschichte, die im ersten Akt einige Längen hat.

Bei einem Besuch beim „Glöckner von Notre Dame“ erwartet einen eine rührende Geschichte, die durch eine erstklassige Cast sowie pure Emotionen bewegt und mit ihrer Thematik „Mensch oder Scheusal – wer ist jemals wer?“ zum Nachdenken anregt. Auch wegen der musikalischen Opulenz ist das Stück einen Besuch wert, wobei es für kleine Kinder eher ungeeignet ist.

Weitere Informationen und Tickets für Disneys  „Der Glöckner von Notre Dame“ in München erhaltet ihr hier.

Besuchte Vorstellung12. November 2017 (Premiere) im Deutschen Theater, München

Vielen Dank an das Deutsche Theater München für die Einladung und die freundliche Bereitstellung der Karten!

(Bildquelle (c) Johan Persson)

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