Noch bis Mitte Juli verkörpert Pasquale Aleardi den Regisseur ‚AJ Golden‘ bei Cirque du Soleils „Paramour“. Wir haben ihn vor der Vorstellung in Hamburg besucht und mit ihm über das Engagement, seine Erfahrungen am Broadway und die Arbeit vor der Kamera gesprochen. Lest hier unser Interview oder schaut euch es euch als Video an:

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Musicalzone.de: Pasquale, kannst du dich bitte unseren Lesern vorstellen?

Pasquale Aleardi: Ja, mein Name ist Pasquale Aleardi. Ich bin Schauspieler und bin gerade bei „Paramour“, dem Musical von Cirque du Soleil engagiert.

MZ: Kannst du uns etwas über deine Rolle als Regisseur erzählen?

PA: Ich spiele AJ Golden. Er ist ein absoluter Top-Regisseur im Hollywood der 40er Jahre und hat einen Erfolg nach dem anderen. Er soll jetzt einen neuen Star suchen, weil seine momentane Hauptdarstellerin drogenabhängig und vor der Kamera nicht mehr wirklich zu gebrauchen ist. Er versucht zwar alles, um das irgendwie retten, aber das geht dann doch nicht, weil sie dann nicht mehr auftaucht. Dann macht er sich schleunigst auf die Suche nach dem nächsten großen Star, den er in Form von Vajèn van den Bosch findet, die die ‚Indigo‘ spielt und in die verliebt er sich fataler Weise. Das Problem ist, dass sie den Komponisten liebt, der die Musik für meine Filme schreibt.

MZ: Die Artisten von „Cirque du Soleil“ bringen noch eine weitere Ebene zum Stück. Was macht das mit dem Stück?

PA: Ich würde sagen, es ist in diesem Fall eine absolut geniale, atemberaubende Bereicherung. So etwas gab es meines Wissens nach noch nie und was die Kollegen von Cirque du Soleil veranstalten ist nicht nur lebensgefährlich, sondern im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Das ist wirklich fantastisch was sie jeden Abend leisten und ist ganz geschickt in die Dramaturgie des Stücks eingebaut. Wenn sich beispielsweise Anton Zetterholm und Vajèn van den Bosch als ‚Joey‘ & ‚Indigo‘ streiten, dann wird das zwei Minuten später in Form von Akrobatik zum Ausdruck gebracht. Das ist wirklich wunderschön anzugucken und jeden Abend eines meiner Highlights.

MZ: Das Stück wurde zunächst fast ein Jahr am Broadway gespielt und seitdem überarbeitet. Was merkt man am meisten davon?

PA: Das sind einige Dinge… Ich würde sagen, dass die Figur der ‚Indigo‘ gegen die Zeit in die jetzige Zeit geschrieben wurde. Damit meine ich, dass die Frauenfigur viel stärker und selbstbewusster ist. Sie weiß was sie will und ist wirklich eine starke Frau. In der alten Version war sie 100%tig naiver, blauäugiger und wurde von AJ sozusagen viel schneller instrumentalisiert – das ist hier nicht der Fall, was ich toll finde!

MZ: Hast du nach der Rolle Lust bekommen mal selbst Regie zu führen oder hältst du das nach der Erfahrung lieber von dir fern?

PA: Dadurch, dass ich nun schon seit über 20 Jahren beim Theater & Drehen am Arbeiten bin, hatte ich schon vor knapp zehn Jahren den Gedanken mal selbst Regie zu führen. Das habe ich bis jetzt noch nicht gemacht, aber ich bin dabei mit einem Schweizer Regisseur eine Serie zu entwickeln… Ich kann mir gut vorstellen, dass das eines Tages kommen wird. Vermutlich auf natürliche Weise, weil man oft Drehbücher hat, sie liest und sich denkt „Nein. Das würde ich anders machen…“ und als Schauspieler hat man dann die Aufgabe das so lebendig wie möglich zu machen. Irgendwann kommt dann doch der Wunsch es anders zu machen und dann fängt das Hirn an kreativ zu werden… Es gibt also einige Ideen und eine davon gehe ich gerade an – ich kann mir gut vorstellen, dass das kommt!

MZ: In wie weit decken sich deine Erfahrungen vom Drehen mit dem Bild, das „Paramour“ von Hollywood zeichnet?

PA: Das kann man so jetzt nicht vergleichen, weil das bei „Paramour“ verdichtet, übertrieben und etwas auf die Spitze gebracht wurde. Also ich muss sagen, dass ich Glück hatte: Bei all den Filmen, die ich gemacht habe, hatte ich nur einmal beim Drehen und einmal am Theater eine Regisseur, dem ich gerne in die Fresse geschlagen hätte – um es ganz deutlich zu sagen… *lacht* Zumindest habe ich gedacht, dass das Tyrannen waren, aber die ´wurden dann auch ganz schnell in ihre Schranken verwiesen und sind heutzutage auch nicht mehr am Start. Ich denke, ein Typ wie AJ Golden, der lernt ja gottseidank am Ende des Stücks auch noch etwas dazu… Ich habe mich gerade gefragt, ob auf Schauspieler-Ebene ein Klaus Kinski heute noch drehen würde – der war ja auch nicht ganz dicht, dennoch unterhaltsam, wenn man es aus heutiger Sicht betrachtet. Es ist so eine Teamarbeit und man muss ein Teamplayer sein. Ich glaube, dass man sich früher oder später ins Aus katapultiert, da es nicht reicht einfach nur gut zu sein!

MZ: Du warst bereits nach deinem Engagement bei „Chicago“ in Stuttgart als ‚Billy Flynn‘ am Broadway zu sehen. Wie war diese für eine Erfahrung für dich?

PA: Die war definitiv ein Highlight in meiner ganzen Karriere! Bereits als Kind habe ich Musicals wie „Wizard of Oz“ im Fernsehen gekuckt und all diese Filme aus der goldenen Ära des Musicals mit Fred Astaire oder Gene Kelly hat man als Kind gesehen, wovon vieles am Broadway gespielt hat. Dadurch war das schon aufgeladen und dann bin ich zum Vorsprechen für die deutsche Produktion von „Chicago“, wo die amerikanischen Bosse auch da waren. Die meinten „Hey, du spielst das jetzt auch in New York am Broadway“ und ich dachte, sie machen Witze… Insofern war ich wahnsinnig nervös und positiv aufgeregt. Es war wie ein Traum, der sich von Anfang bis Ende durchgezogen hat – auch weil die Kollegen fantastisch waren. Es waren großartige Schauspieler, Sänger und Musiker, daher hatte ich am Anfang Schiss davor, ob ich das gut hinkriege… Letzten Endes war es dann aber recht einfach, weil alle so gut waren! *lacht*

MZ: Kannst in der Hinsicht einen Unterschied zwischen der deutschen und amerikanische Musicalszene feststellen?

PA: Da muss ich ehrlich gesagt zugeben, dass ich die deutschsprachige Musicalszene gar nicht so kenne, weil ich mich wirklich nur von Projekt zu Projekt konzentriere und das sind ja meistens Filme. Seit meine zwei Kinder auf der Welt sind – die sind noch ganz klein, drei und ein Jahr alt – kriege ich außerdem nicht mehr so viel mit, aber ein unterschied ist bestimmt die Sprachfertigkeit. Die Stücke sind meist auf Englisch geschrieben, das sind alles sehr gute Darsteller und die bringen das Sprachliche auch auf den Punkt. Hier ist das schon ein Manke, finde ich. Durch die unterschiedlichen Sprachgefälle fehlen dann schon die 10, 20 %, die es braucht, um etwas wirklich gut auf den Punkt zu bringen. Und das ist das Problem bzw. die Schwäche bei den wenigen Musicals, die ich in Deutschland gesehen habe.

MZ: Ein weiteres Projekt von dir ist die Kombination von Film mit Musical bei „Ich war noch niemals in New York“. Was kannst du uns über die anstehende Musicalverfilmung verraten?

PA: Was ich durch Muster oder während der Dreharbeiten mitbekommen habe… Das wird großartig – wirklich! Das wird gigantisch! Ich habe es zwar noch nicht gesehen, aber es hat sich so angefühlt. Es war für einen deutschen Kinofilm sehr aufwendig, sehr teuer und alle Kollegen hatten Riesenspaß. Man hat in der Inszenierung nicht versucht perfekt zu tanzen oder zu singen, sondern die Situation dieser Figuren so authentisch wie möglich zu spielen. Wenn was schiefgelaufen ist, dann wurde das mit Charme sogar teils eingebaut und dadurch ist es sympathisch, was ich toll finde!

MZ: Du stehst noch bis Mitte Juli bei „Paramour“ auf der Bühne. Wie wirst du auf das Engagement zurückblicken?

PA: Auf jeden Fall sehr, sehr dankbar! Ich genieße jede Vorstellung, die ich habe und hatte schon bei der Premiere dieses Bewusstsein, dass es nur drei Monate sind, weil der nächste Dreh ansteht. Weil es schon in den Proben so eine spezielle Zeit war… Mir gehen gerade so viele Bilder durch den Kopf, die eigentlich wirklich nur positiv sind. Die Probenphase extrem anstrengend: Physisch und auch mental, weil sich viel verändert hat und man es nicht verbocken will. Gerade in meiner Rolle muss man auf so viele Cues achten, damit das alles zusammenhält und sich auch niemand verletzt. Im Großen und Ganzen war es aber toll, weil die Leute cool und in ihrer Disziplin von A bis Z richtig gut sind. Diese Energie die da zusammenkommt, ich glaube, dass wir es auch schaffen die nach außen zu transportieren und das Feedback war bisher großartig, jeden Abend gibt es Standing Ovations – was will man mehr? Es ist ein Riesengeschenk, wenn man das, was man investiert, auch so zurückbekommt und relativ selten.

MZ: Und was für einen Tipp würdest du deinem Nachfolger Gian Marco Schiaretti geben?

PA: Oh Gott, ein Tipp für Gian Marco… Jede Sekunde genießen und ich denke, AJ ist so eine tolle Rolle, da wird er bestimmt jeden Abend neue Nuancen finden und die lebendig machen.

MZ: Vielen Dank für deine Eindrücke und alles Gute weiterhin!

Das Interview könnt ihr hier als Video (inklusiver einiger Szenen aus der Show) anschauen:

Wer Pasquale Aleardi in „Paramour” live sehen möchte, kann hier Tickets für das Musical in Hamburg bestellen.

Vielen Dank an Pasquale Aleardi für die Beantwortung der Fragen und an Stage Entertainment für die Interview-Möglichkeit!

(Bildquelle (c) John Davis)

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