Seit 2013 begeistert das schrille Musical „Kinky Boots“ die Zuschauer am New Yorker Broadway. Nun folgt die Deutschland-Premiere im Operettenhaus auf der Hamburger Reeperbahn, wo das Stück bestens hinpasst. Wir haben die Medien-Premiere besucht und berichten euch, ob sich ein Besuch lohnt:

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Eigentlich möchte Charlie mit seiner Verlobten Nicola nach London ziehen, doch als sein Vater stirbt erbt er die Schuhfabrik „Price & Son“ in Northampton, die kurz vor dem Ruin steht. Durch einen Zufall trifft er auf die Drag-Queen Lola mit deren Hilfe er sich auf Schuhe für Männer wie Lola spezialisiert, um die Firma zu retten. So erzählt das Stück, welches auf einer wahren Begebenheit basiert, eine bewegende Geschichte mit viel Charme und Humor, die aber auch ernste Themen wie Toleranz und Individualität.

Die Musik zum Stück stammt von der bekannten Pop-Sängerin Cyndi Lauper, welche mit „Kinky Boots“ ihr Debüt im Bereich Musical gab. Neben popigen Shownummer hat das Stück eine musikalische Bandbreite, die auch emotionale, ruhige Balladen und sogar country-artige Lieder bietet. Die Band unter der Leitung von Sebastian de Domenico spielt diese mit viel Energie, die ansteckend ist.

Gino Emnes ist als Drag-Queen ‚Lola‘ zu sehen, der in dieser Rolle energiegeladen, mit viel Selbstbewusstsein und schlagfertigem Mundwerk sowie einer einnehmenden Bühnenpräsenz spielt, aber als ‚Simon‘ auch die verletzliche Seite des Charakters authentisch auf die Bühne bringen kann. Er sorgt für viel Glamour und dominiert mit seiner Bühnenpräsenz die Shownummern wie „Land von Lola“ – bei der Power-Ballade „Trag mich in dein Herz“ zeigt er seine komplette Stimmgewalt, die in der emotionalen Darstellung für Gänsehaut sorgt.

Dominik Hees wollte als ‚Charlie‘ ursprünglich nicht das Erbe seines Vaters annehmen und ist dementsprechend unsicher und zeitweise in der neuen Position ist, was er weitestgehend glaubhaft darstellt. Stimmlich kann vor allem in den rockigen Liedern wie „Ein wahrer Mann“ überzeugen und berühren.

Als Mitarbeiterin ‚Lauren‘ ist Jeannine Michelle Wacker unglücklich in Charlie verbliebt, was sie in „Die Liste falscher Kerle“ stimmstark und mit viel Humor deutlich macht.

Franziska Schuster verkörpert ‚Nicola‘ dahingegen glaubhaft als zielstrebige und zickige Verlobte.

Der Vorarbeiter ‚Don‘ (Benjamin Eberling) kommt aufgrund seiner konservativen Ansichten über Männlichkeit in einen Konflikt mit Lola, der in einem Boxkampf der beiden gipfelt. Eberling bringt den Unsympathen sowie seine Wandlung glaubhaft auf die Bühne.

Tilman Madaus ist als ‚George‘ von Anfang an auf Lolas Seite und kann mit seiner sympathischen Art beim Publikum punkten.

Die Cast ist bis in die kleinen Rollen gut besetzt. Alle Darsteller passen optimal in ihre Rollen und spielen mit viel Spielfreude, bei der man gerne zusieht. Stimmlich und tänzerisch können sie auch gänzlich überzeugen, wobei besonders die halsbrecherische High Heel-Akrobatik der ‚Angels‘ beachtlich ist.

Die Inszenierung von Jerry Mitchell ist eine emotionale Achterbahn, die neben erstklassiger Unterhaltung auch noch mit der wichtigen Message der Toleranz glänzen kann und nie langweilig ist, auch wenn das Stück zu Beginn an Tempo gewinnen muss. Das Bühnenbild von David Rockell sowie die Kostüme (Gregg Barnes) und das Make-Up (Randy Houston Mercer & Josh Marquette) schaffen den Spagat zwischen dem einfachen, ländlichem Northampton und  dem schillernden Nachtleben Londons mit seinen extravaganten Drag-Queen mit Bravour. Auch die Übersetzung von Ruth Deny und Kevin Schroeder nach dem Buch von Harvey Fierstein ist passend und transportiert den Inhalt gut, auch wenn es keine 1:1-Übersetzung ist.

Der Besuch bei „Kinky Boots“ sorgt für Lebenslust und gute Laune, die einen durch die Botschaft „Sei du und steh dazu“ noch lange begleitet. Dank einer Cast, die auf ganzer Linie überzeugt, und der Musik mit Ohrwurm-Potential hat das Stück Suchtfaktor.

Weitere Informationen und Tickets für „Kinky Boots“ in Hamburg erhaltet ihr hier.

Besuchte Vorstellung: 2. Dezember 2017 (Medien-Premiere) im Stage Operettenhaus, Hamburg

Vielen Dank an Stage Entertainment für die Einladung und die freundliche Bereitstellung der Karten!

(Bildquelle (c) Stage Entertainment)

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