Die Qualität von Musical-Produktionen an deutschen Stadttheatern bewegt sich in einem breiten Spektrum. Die aktuelle Aufführung von „Jekyll & Hyde“ am Theater Dortmund rangiert derweil in der Kategorie „ganz großes Kino“! Wir berichten euch von unserem Vorstellungsbesuch:
Das Stück erzählt vom ambitionierten Wissenschaftler Dr. Jekyll, der an einem Experiment arbeitet, um die gute und böse Seele des Menschen zu separieren und so die Welt zu einem besseren Ort ohne Leid zu machen. Besessen von seiner Vision experimentiert er – nach einer Absage durch den Vorstand des Krankenhauses – letztendlich an sich selbst, was seine böse Seite in Form des animalischen Edward Hyde hervorbringt und dramatische Folgen mit sich zieht…
Der Score von Frank Wildhorn zählt zu seinen bekanntesten Kompositionen. Verschiedenste Stile klingen an: einige romantisch, poppige Balladen mischen sich mit opernartigen Klängen, aber auch modernen Uptempo-Nummern. Im Laufe des Abends klingen immer wieder bekannte Melodien an, die die Geschichte geschickt unterstützen.
Das große Orchester, unter der Leitung von Philipp Armbruster, sorgt durchweg für einen opulenten Klang und einen wahren Hörgenuss. Dem tut lediglich in mehrstimmigen Passagen die Abmischung einen leichten Abbruch, da hier das Textverständnis leidet.
David Jakobs verkörpert die schizophrene Doppelrolle ‚Dr. Jekyll / Hyde‘ bravourös. Einerseits ist er ein ehrgeiziger Wissenschaftler, andererseits Hyde, der ungezügelt seinen bösen Trieben nachgeht. Jakobs bringt den harten Kontrast – teils im sekündlichen Wechsel – innerhalb einer Figur eindrucksvoll herüber, zeigt vollsten Körpereinsatz im Kampf mit sich selbst und auch in seinem kräftigen Gesang finden sich verschiedenste Facetten wieder, womit er ausnahmslos fesselt.
Milica Jovanovic stellt ‚Lisa‘ als gutmütige Verlobte dar, die Verständnis für seine Forschung aufbringt und macht das in ihrem harmonischen Duett zu Beginn deutlich. Jedoch fühlt sie sich zeitweise auch vernachlässigt und verschafft ihrer Meinung mit ihrem glasklaren Sopran Gehör.
Bettina Mönch tritt als Prostituierte ‚Lucy’ während Jekylls Junggesellenabschied in sein Leben und zieht als aufreizendes Showgirl mit starker Präsenz und Stimme direkt Aufmerksamkeit auf sich. Doch nach dem Auftritt wird ihre verletzliche Seite sichtbar, die sie mit der gleichen Intensität auf die Bühne bringt und in ihrem Solo „Ein neues Leben“ gipfelt.
Weitere Rollen werden durch Mitglieder des Ensembles ausgefüllt und klingen oftmals klassischer. Der Einsatz des großen Ensembles sowie Chores belebt die Straßen Londons und unterstützt das Geschehen opulent. Auch die energetischen Choreografien von Simon Eichenberger tanzen sie auf den Punkt genau.
Die Inszenierung von Gil Mehmert braucht zunächst etwas Anlaufzeit, fesselt aber ab Beginn des Experiments bis zum dramatischen Schluss durchgängig. Dazu tragen explizite Bilder bei und die nahezu filmische Erzählungsweise, die Dank der fließenden Übergänge auf der großen Drehbühne (Jens Kilian) möglich ist. Jeder der vier Teile darauf zeigt einen anderen Ort in London, wird im Abseits umgebaut und nimmt mit geschickten Perspektiven die komplette Bühne ein. Schließlich tragen stimmungsvolle Lichtszenen (Ralph Jürgens) und viktorianische Kostüme (Falk Bauer) zum runden Gesamtbild bei.
Abschließend bleibt zu sagen, dass „Jekyll & Hyde“ am Theater Dortmund eine grandiose Produktion ist, die man als Theaterliebhaber nicht verpassen sollte. Hier trifft eine gelungene Regie auf große Ausstattung und hochkarätige Darsteller, sodass einem der Abend noch lange im Gedächtnis bleibt.
Weitere Informationen und Tickets für „Jekyll & Hyde“ in Dortmund erhaltet ihr hier.
Besuchte Vorstellung: 29. November 2019 im Opernhaus, Dortmund.
Vielen Dank an das Theater Dortmund für die freundliche Bereitstellung der Pressekarten!
(Bildquelle (c) Theater Dortmund)
Christoph ist 26 Jahre alt und hat Musicalzone.de 2015 ins Leben gerufen, um seine Begeisterung für Musicals mit Gleichgesinnten zu teilen. Seitdem hat er Marketing studiert und vermarketet nun Musicals mit Leidenschaft und Expertise, besonders im digitalen Raum.