2017 inszenierte Melissa King das Musical „Hairspray“ an der Oper Dortmund – nun kommt die Produktion an das Staatstheater Nürnberg. Wir haben das Gute-Laune-Musical mit ernster Thematik im Kern besucht und berichten euch:

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Das Musical „Hairspray”:

„Hairspray“ von Mark O’Donell und Thomas Meehan erzählt die Geschichte der pummeligen Tracy Turnblad, die als Teenagerin im Baltimore der 1960er Jahre regelmäßig die „Corny Collins Show“ anschaut. Als es ein offenes Vortanzen gibt sieht sie ihre Chance, wird jedoch aufgrund ihrer Statur zurückgewiesen. Beim Nachsitzen erlernt sie von ihrem schwarzen Mitschüler Seaweed einen Tanzmove, der ihr beim Schulball die nötige Aufmerksamkeit für die Position verschafft und so setzt sie sich als Teil der Sendung fortan gegen die vorherrschende Rassentrennung ein.

Die Musik von Marc Shaiman reicht vom charakteristischem Sixties-Sound über Rock‘n‘Roll-Balladen bis hin zum thematisierten Rhythm & Blues. Das Orchester unter der Leitung von Andreas Paetzold spielt die ganze Palette mit dem nötigen Schwung und sorgt für einen vollen Big Band-artigen Klang, dem man gerne zuhört. Darunter leidet jedoch manchmal die Verständlichkeit der Texte.

Die Besetzung der Aufführung:

Marja Hennicke kehrt in die Rolle der Tracy Turnblad zurück. Sie strahlt in dieser eine Energie aus, die trotz mitschwingender Naivität mitreißt. Doch nicht nur beim Tanzen kann sie überzeugen, auch ihre kräftige Stimme verdient das Rampenlicht.

Thomas Herrmanns stellt ihre ebenso kräftige Mutter ‚Edna’ dar, die nur das Beste für ihr Kind will. Herrmanns Persönlichkeit ist in der Rolle unverkennbar und sorgt so samt geskripteten Texthänger für Unterhaltung. Hans Kittelmann komplettiert die einzigartige Familie als liebevoller Vater ‚Wilbur‘, der eine sympathische Leidenschaft für Scherzartikel hegt.

Gaines Hall nimmt man die Rolle des charismatischen Moderators ‚Corny Collins‘ mitsamt amerikanischen Akzent und schwungvollen Showeinlagen problemlos ab.

Benjamin Sommerfeld ist als ‚Link Larkin‘ der charmante Publikumsliebling der Sendung. Die Rolle füllt er gesanglich passend aus.

Sophie Berner produziert als ‚Velma von Tussle‘ die Show und vertritt in dieser Rolle vorwiegend das finanzielle Interesse des Sponsors sowie ihre konservativen Vorstellungen, die sie stimmstark klar macht. Ihre Tochter ‚Amber‘ (Marie-Anjes Lumpp) ist eine verzogene Göre, die ganz nach der Mutter kommt und im Zusammenspiel mit dieser entsprechend amüsiert.

Malcolm Quinnten Henry ist als ‚Seaweed‘ der charismatische, schwarze Teenager, der auf Tracy beim Nachsitzen zugeht und ihr neue Tanzmoves beibringt. Hierbei gibt er sich geschmeidig und präsentiert diese stets mit dem entsprechenden Groove sowie sichtbarer Freude daran. Seinem Charisma verfällt Penny (Annakthrin Naderer), Tracys beste Freundin, die etwas schwer von Begriff ist und so unterhält. Zwischenzeitlich überrascht sie mit ihrem starken Belt.

Derweil verweist Deborah Woodson als ‚Motormouth Maybelle‘ in ihrem eindrucksvollem Solo auf die Hürden, die ihresgleichen bereits überwunden hat und macht der Gemeinschaft so Mut.

Das ganze Ensemble (inkl. Bacheloranden der Theaterakademie August Everding, die die „Nicest Kids in Town“ vom Alter her glaubhaft verkörpern) zeigt sich spielfreudig und tanzt die energetischen Choreografien von Melissa King voller Schwung.

Die Show in Nürnberg:

Während die von Melissa King choreografierten Nummern vor Energie strotzen, vermisst man diese in den von ihr inszenierten Szenen sowie einen stringenteren roten Faden durch die Geschichte. Im Kontrast steht außerdem das Bühnenbild (Knut Hetzer), welches dem Cast eine große Spielfläche lässt und zeitweise mit bunten Elementen aus der Show oder Wohnung ergänzt wird. Doch wenn nur drei Personen auf der von grauen Molton-Vorhang abgehängten und sonst leeren Bühne stehen, während zu einem souligen Lied  kaltes Licht (Thomas Schlegel) wiederholt aus verschiedenen Winkeln blitzt, wirkt das unverständlich trist. Die farbenfrohen Kostüme von Judith Peter entsprechen wiederum eher den Vorstellungen der 60er Jahre.

„Hairspray“ am Staatstheater Nürnberg wartet mit einem starken Cast voller Spielfreude und mitreißenden Sound auf, doch verschenkt weiteren Unterhaltungswert durch eine teilweise recht nüchterne Inszenierung.

Weitere Informationen und Tickets zu „Hairspray“ in Nürnberg erhaltet ihr hier.

Besuchte Vorstellung: 16. Januar 2022 im Opernhaus Nürnberg.

Vielen Dank an das Staatstheater Nürnberg für die freundliche Bereitstellung der Pressekarten für das Musical „Hairspray“!

(Bildquelle (c) Pedro Malinowski)

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