Zwar sind die Theater aufgrund der Corona-Krise aktuell geschlossen, aber Künstler bleiben weiterhin kreativ: So auch Publikumsliebling Mark Seibert, der im Tonstudio ein intimes Unplugged-Konzert aufgenommen hat. Wir haben mit ihm über die derzeitige Lage und „The Studio Concert“ gesprochen, was er nun digital mit den Fans teilt. Lest hier unser Interview oder schaut euch es euch als Video an:

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Musicalzone.de: Wie geht es dir Mark?

Mark Seibert: Dankeschön, mir geht es sehr gut in dieser ungewohnten Zeit. Also klar: Beruflich ist im Moment gerade eine schwierige Phase – da brauche ich nicht die Sachen schöner reden als sie sind – aber sonst persönlich geht es mir sehr gut. Man hat viel Zeit für Dinge für die man sonst keine Zeit hat, aber irgendwie habe ich trotzdem das Gefühl, dass ich zu gar nichts komme. *lacht*

MZ: Das kennt man… In welcher Form hast du bereits Auswirkungen der Pandemie zu spüren bekommen?

MS: Tatsächlich ordentlich, denn wie manche von den Zuschauern und Zuschauerinnen vielleicht wissen, war ich gerade am Start von der Tournee „This is the Greatest Show!“. Alles war geprobt, wir waren quasi in den Startlöchern, um eine doch hoffentlich sehr schöne Tour zu haben und in dem Moment kam es nicht dazu… Wir haben immerhin zwei Konzerte in Düsseldorf gemacht, dann kam der Lockdown und es hat sich relativ schnell abgezeichnet, dass das Ganze nicht innerhalb von einer Woche erledigt ist. Nach der Tour wäre ich dann eigentlich noch nach Shanghai gegangen – jetzt gerade, Anfang Mai – für ein Solo-Konzert und jetzt am letzten Montag, dem 4. Mai hätte ich ein bisschen verspätet angefangen mit den Proben für „Robin Hood“ – das wurde natürlich auch logischerweise abgesagt… Insofern ist schon einiges passiert und von so kleinen, einzelnen Konzerten, die sonst noch so im Laufe des Sommers gewesen wären, will ich jetzt gar nicht reden. Also insofern: Ich bin ganz ordentlich betroffen von der Sache, aber Jammern hilft da jetzt nichts und man muss sich neue Alternativen überlegen.

MZ: Das bedeutet für euch als Künstler natürlich auch signifikante Einnahmenseinbußen. Wie können euch die Fans durch diese schwere Zeit helfen?

MS: Das ist wirklich eine ganz komplizierte Frage und das muss man auch sehr individuell klären, denn es geht manchen Künstlern besser als anderen. Also ich sag jetzt mal das schlimmste Beispiel sind die freischaffenden Künstler, die auch sonst irgendwie ein bisschen „von der Hand in den Mund“ leben, die auf Aufträge, Auftritte und Projekte angewiesen sind, da dann auch oftmals nicht unbedingt das ganz große Geld verdienen… Die sind natürlich extrem gebeutelt in dieser jetzigen Phase. Es gibt auch Kollegen und Kolleginnen, die haben jetzt vielleicht den Vorteil, dass sie vielleicht in einem Festvertrag sind. Die sind dann in der Regel – auch da will ich jetzt keine Allgemeinaussage treffen – in Kurzarbeit gegangen, das ist natürlich ein ziemlicher Einschnitt doch in die Einkünfte, aber es ist nicht ganz so dramatisch… Und alles dazwischen gibt es. Wie gesagt ich gehöre jetzt eher zu den Freischaffenden, aber bin schon ganz glücklich, dass ich in der Vergangenheit natürlich schon gute Engagement, gute Aufträge und Projekte hatte und dadurch mir auch ein gewisses Polster ansparen konnte. Ich habe mir immer schon gedacht, wenn man so als freischaffender Künstler unterwegs ist, man kann auch mal krank werden für eine Zeit und wenn man dann noch in finanzielle Schieflage gerät, dann gute Nacht! Insofern hatte ich da schon ein bisschen vorgesorgt. Das für so ein Szenario diese Polster mal angebraucht wird hätte ich nicht geglaubt, aber so ist eben… Ich glaube, wir sitzen alle im selben Boot und hätten nicht geglaubt, dass das, was wir im Moment gerade erleben, überhaupt möglich ist – in jeglicher Hinsicht.

MZ: Absolut! Aber du hast dir ja recht schnell eine Alternative überlegt: Wann und wie kamst du auf die Idee aus dem Tonstudio heraus einen Konzertfilm zu produzieren?

MS: Ja das hat sich eigentlich so mit der Zeit entwickelt… Also ich bin schon in Deutschland nach Beginn der Tournee losgefahren und wusste, dass ich irgendwie eine Alternative finden will. Da war meine ursprüngliche Idee noch die Konzerte von „This is the Greatest Show, die in Wien noch stattgefunden hätten – da gab es auf dem Weg zum Lockdown noch diese Abstufungen: Zuerst durften keine Großveranstaltungen über 1.000 Personen, dann wurde es auf 500 runtergesetzt, dann 100 und in der Phase habe ich mir gedacht: „Okay, dann mach ich so ein ganz kleines, intimes Konzert – wirklich nur mit 50/60 Leuten…“ Da habe ich in Wien tatsächlich auch ein paar Locations, die ich kenne und ganz gut dafür passen, und dann lasse ich das ganze aufzeichnen oder eben livestreamen – so war die Idee. Gut, irgendwann ging auch das nicht mehr, weil dann durfte man überhaupt nicht mehr vor Publikum auftreten und dann dachte ich mir, dass das Ganze dann ohne Publikum stattfinden muss. Und so ist das eigentlich entstanden… Bei der Location habe ich gedacht, jetzt muss es auch nicht mehr so theatermäßig sein, jetzt kann es irgendeine Location sein, die ein bisschen Atmosphäre hat. Was mir von Anfang eigentlich sehr, sehr wichtig war bei dem ganzen Projekt – und natürlich auch zugegebenermaßen das Risiko als Produzent ist: Ich wollte trotzdem einen sehr, sehr hohen Standard an Qualität irgendwie liefern. Ich weiß, unsere Telefone sind alle auf einem tollen Stand und können mittlerweile super Videos machen und man kann damit sogar schneiden und sie können auch alle irgendwie den Ton abnehmen, aber das war mir dann doch alles etwas zu einfach und da wollte ich dann doch schon irgendwie schöne Qualität liefern und das kostet alles ein bisschen Geld, aber das war es mir jetzt in dem Fall wert.

MZ: Was erwartet Zuschauer, wenn sie sich einen Zugang zu „The Studio Concert“ kaufen?

MS: Etwas, was man sonst von mir nicht so oft auf sieht. Vielleicht auf Solo-Konzerten, da bediene ich mich auch sehr gerne an dem Pop-Song-Repertoire – Sachen, die ich gerne höre, ein bisschen weg vom Musical. Ich weiß, viele Musical-Fans können gar nicht genug davon kriegen uns immer wieder mit denselben Songs zu hören. Das ist auch schön und das soll auch weiterhin so sein, aber in dem Fall wollte ich tatsächlich – wie die ganze Zeit ist – mal ein bisschen etwas anderes machen und so bin ich quasi da drauf gekommen. Man muss auch immer ein bisschen schauen: Natürlich war es jetzt auch nicht möglich da mit großer Band aufzufahren, denn die Corona-Maßnahmen sind wie sie sind und es sollte alles ganz klein sein. Wir haben auch bei der Produktion wirklich drauf geachtet, dass wir es reduziert haben wo es nur geht, ohne das man es aber merkt. Deswegen auch nur ein Musiker und auch das technische Team war wirklich reduziert. Wir haben geschaut, dass wir die – wie man im Moment ständig so schön hört – Hygiene-Reglements und –Maßnahmen am Set einhalten und da ist auch der Bezug zur Pop-Musik auch einfacher, weil ein Pop-Song nur mit Gitarre leichter umgesetzt ist als jetzt so die großen Musical-Blockbuster-Songs. *lacht*

MZ: Worin siehst du die Vorteile dieses Formats?

MS: Also vom Repertoire her ist es wie gesagt mal ganz was anderes, aber was jetzt dieses Format an sich betrifft da muss ich schon ganz ehrlich zugeben: Ein Konzert-Besuch ist ein Konzert-Besuch, ein Theater-Besuch ist ein Theater-Besuch und das lässt sich digital – zum Glück muss ich auch sagen – nicht ersetzen. Das ist mir schon klar. Es sollte oder soll auch eigentlich nur eine Überbrückung darstellen bis wir uns dann alle irgendwann in den Konzertsälen und Theatern wiedertreffen. Der Vorteil, den so ein Format natürlich hat, ist: Man kann es sich anschauen wann immer man möchte. In dem Fall ist es so, wenn man sich einmal eingeloggt hat und sich sein „virtuelles Konzert-Ticket“ erstanden hat, dann hat man 48 Stunden Zeit auf das Konzert zuzugreifen. Man kann Songs nochmal zurückspulen, quasi nochmal hören, man kann sich das ganze Konzert mehrfach anschauen während dieser 48 Stunden – alles Dinge, die natürlich im reelen Konzert nicht gehen. Und man kann es von überall aus anschauen, wann immer man möchte. Und das ist glaube ich auch ein Vorteil, den das Ganze hat und ich sehe es auch in den Klick- und Abrechnungszahlen: Es wird geschaut von Buenos Aires bis nach Seoul! Das ist natürlich schon toll, aber unterm Strich wird das nur ein kleiner Ersatz sein, ein Trostpflaster für diese doch so bitteren Zeiten im Moment.

MZ: Was vermisst du derzeit und worauf freust du dich am meisten, sobald die Theater wieder öffnen können?

MS: Jetzt mal ganz unkünstlerisch gesprochen: Ich vermisse am meisten eine Planungssicherheit. Und da muss ich dazu sagen, dass ist tatsächlich auch das, womit ich seit dem Lockdown meine meiste Zeit verbringe: Mit Planungen, Szenarien… Was machen wir, wenn wir die Konzerte im September nicht machen können? Wie kann man drauf reagieren? Kann man vielleicht doch irgendwas einbauen, was jetzt in die Zeit passt? Aber was machen wir, wenn wir die Tickets nicht mehr verkaufen für die Sachen, die nach dem Lockdown sind? Sachen, die jetzt abgesagt wurden… Ich hätte wirklich einen vollen Terminkalender gehabt in der Zeit zwischen März und September und das jetzt alles auf nächstes Jahr zu verschieben… Es war eine unwahrscheinliche, logistische Meisterleistung „Elisabeth“, „Robin Hood“, die Tour und noch einzelne Konzerte irgendwie unter einen Hut zu kriegen und das jetzt wieder fürs nächste Jahr zu reproduzieren ist eine unwahrscheinliche Aufgabe! Und damit verbringe ich im Moment sehr, sehr viel Zeit. Und man kann im Moment auch nur einen Plan A machen und viele, viele Plan Bs – und das ist gerade das, was am meisten nervt. Es gibt nicht den Zeitpunkt an dem wieder alles normal und wie vorher ist. Das wissen wir halt einfach nicht. Und jetzt rein künstlerisch gesehen: Ja natürlich vermisse ich schon auch die Auftritte, ich vermisse das Publikum, ich vermisse die Bühne, ich vermisse die Musik, ich vermisse den Kontakt auch mit den Fans, Applaus und alles Mögliche… Das ist natürlich schon klar und ich mache nicht umsonst seit 20 Jahren diesen Beruf und wenn da vom einen Tag auf den anderen einfach so auf Pause gedrückt wird und man auch nicht weiß wie lange das geht, dann macht das schon auch ein bisschen melancholisch hier und da…

MZ: Verständlich! Dann hoffen wir, dass wir diese schwierige Zeit gut überstehen. Dir auf jeden Fall vielen Dank und alles Gute zwischenzeitlich!

MS: Vielen Dank, das wünsche ich dir und all den Zuhörern, Zuschauern und Zuschauerinnen/Zuhörerinnen auch!

Das Interview könnt ihr hier als Video (inklusiver einem Vorgeschmack aus dem Konzert) anschauen:

Falls ihr neugierig geworden seid, könnt ihr unter mark-seibert.com euer „virtuelles Konzertticket“ kaufen – und mit dem Code Musicalzone bekommt ihr dieses bis einschließlich Sonntag, den 17. Mai 2020 sogar 10 % günstiger!

(Bildquelle (c) Jan Frankl)

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