Nach einem Jahr kommt die Musical-Revolution “Hamilton” in Hamburg zu einem schnellen Ende… Wir haben gemeinsam mit ‘Angelica’ Chasity Crisp im Interview auf die bewegte Zeit vor der Deutschlandpremiere und die Highlights der Spielzeit zurückgeblickt sowie über ihre Broadway-Ambitionen gesprochen. Lest unser Gespräch hier nach:

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Musicalzone.de: Kannst du dich bitte unseren Lesern vorstellen, Chasity?

Chasity Crisp: Hallo, mein Name ist Chasity Chrisp. Ich bin Musicaldarstellerin und spiele derzeit Angelica Schuyler in Hamilton hier in Hamburg, Deutschland.

MZ: Was kannst du uns über deine Rolle erzählen?

CC: Angelica ist die älteste der drei Schuyler Schwestern und soll den Status ihrer Familie bewahren und reich heiraten. Sie ist sehr witzig, rebeliös, gebildet, intelligent, einnehmend und auch einfach ziemlich frech. Die Darstellung dieser Frau finde ich einfach revolutionary, weil sie steht für das, woran sie glaubt und sie ist halt nicht kitschig oder eindimensional und ist nicht darauf reduziert, nur daran interessiert zu sein, den Typen zu bekommen. Da ist so viel Tiefe und so viel Stärke in ihr und ich glaube, meine Version dieser Rolle ist auch extrem emotional und das auch nur, weil es ihre Stärke dann auch nochmal zeigt. Ich finde einfach, generell ermöglicht die Geschichte es den Frauen, die eine Stimme haben, powerful, interessant und sehr einflussreich zu sein.

MZ: Du spielst die Rolle ja noch bis zum 15. Oktober, dann ist leider schon die Derniere. Lass uns daher gerne einmal „rewinden“… Wann hast du denn selbst Hamilton kennengelernt und wie war dein erster Eindruck vom Stück?

CC: Rewind… „Hamilton“ hatte ja in 2015 Premiere und ich glaube, ich habe aber die CD-Aufnahme in 2016 zum ersten Mal gehört. Es war ja so ein Hype und ich bin eher jemand, die Hypes nicht so folgt, sondern erst ein bisschen später alles mitkriegt und ich war komplett umgehauen. Und ich war auch ein wenig sauer auf mich selbst, dass ich es mir nicht früher angehört habe. Ich kannte also diese CD in- und auswendig und es wurde auch sehr schnell ein Traum von mir, in dieser Show zu sein und zu dem Zeitpunkt war es auch egal, welche Rolle ich spiele – ich wollte einfach nur Teil dieser Geschichte sein.

MZ: Es gab ja dann 2016 auch schon die Ankündigung, dass es nach Deutschland kommt… Wie hast du den anschließenden Casting-Prozess erlebt?

CC: Also, mein Audition-Prozess war sehr special. Ich war in der ersten Runde und hatte „Hilflos“, „Schuyler Sisters“ & „Satisfied“ dabei und ich war unheimlich nervös, weil ich schon bei einer Finalaudition für „Hamilton“ in England leider keinen Erfolg hatte und ich hatte nie gedacht, dass ich so nah an diese Show kommen würde. Ich dachte, es würde immer außer Reichweite sein und ich müsste mich halt bis zum Broadway durcharbeiten. Ich habe keine Ahnung mehr wie die erste Runde lief, aber ein paar Wochen nach der habe ich einen Callback bekommen und dann wurde ja der Callback gecancelled – es wurde alles gecancelled und erst nach einem Jahr war dann die zweite Runde… Ich weiß nicht, was passiert ist in diesem Jahr. Ich glaube, das war halt so das Covid-Jahr 2020, aber ich war bereit – irgendwas hat sich geändert. Ich war nicht mehr nervös. Irgendwie habe ich diese Show und diesen Traum so oft manifestiert, dass ich selber wusste „this is gonna happen somehow – I don’t know how“, aber es muss einfach sein. Und nach dieser zweiten Runde wurde ich dann von Stage auch gefragt die Demos von den deutschen Nummern für das Kreativteam in einem Studio einzusingen, damit die halt hören können, wie es sich anhört. Da wusste ich schon so „Okay, ich glaube, die mögen mich – die wollen, dass ich das hier so einsinge…“. Dann habe ich all die Lieder der Frauen eingesungen und da war sogar ein Tag, wo ich die „Schuyler Sister“-Nummer eingesungen habe und das sind ja die drei Schwestern… Ich habe alle drei Schwestern eingesungen, und es hat anscheinend Lin so gefallen, dass er es eine Zeitlang als Klingelton auf dem Handy hatte. Das war sehr cool! Es war einfach so komisch für mich, dass ich irgendwie an diese Leute ran komme, an diese Show und dass ich jetzt irgendwie schon in der Auditionzeit ein Teil von irgendwas war – auch wenn es nur die Demos waren… Und die dritte Runde war dann auch super. Ich war gar nicht nervös, irgendwie war ich einfach nur so „Nein, du bist Angelica Schuyler, also, du kannst doch einfach da reingehen und machen!“ – das habe ich mir auch im Spiegel immer gesagt… Und natürlich war es wegen Corona über TV-Screens, aber ja, das war eine coole Zeit!

MZ: Das klingt ja auf jeden Fall nach einem spannenden Prozess, den du da schon beigewohnt bist. An welchem Punkt wusstest du denn, als du noch für alle drei Schwestern vorgesungen hast, dass jetzt Angelica deine Rolle wird?

CC: Ich wusste tatsächlich nicht, dass ich Angelica bekomme, weil ich hatte immer das Material für alle drei Schwestern. Ich habe immer zuerst „Hilflos“ gesungen, dann „That would be enough“, dann Angelicas „Satisfied“, „Schuyler Sisters“ und dann hatte ich auch noch Marias „Sag nein dazu“. Ich musste immer alles mitbringen, alles singen, aber irgendwie hatte ich immer noch gehofft, dass Angelica was wird, weil ich hatte dann so die Gedanken „Ah ok, vielleicht nehmen sie mich als Cover für alle drei“, aber ich habe mich einfach nicht wie eine Peggy oder Eliza oder so gefühlt. Ich meine, ich glaube, ich könnte Eliza machen, aber I wasn’t a Peggy…

MZ: Deinen Song „Zufrieden sein“ hat Lin-Manuel Miranda ja bereits im Vorfeld als besonderes Erlebnis angeteasert, während die Skepsis zur deutschen Übersetzung ja noch recht groß war. Welche Erwartung hattest du denn an die deutsche Fassung?

CC: Also ich war auf jeden Fall nervös, weil das Original einfach so intellektuell und mit Wortspielen geschrieben ist und auch so poetisch und mit Rap und ich war mir nicht sicher, wie man das überhaupt übersetzen könnte. Das muss ja so schwer gewesen sein, aber ich meine, es hat ja geklappt, und es ist auch grandios geworden. Ich war schon bei der Audition so „Ach, das ist ja gar nicht so schlimm“ und habe ein paar Sachen wie Angelicas Rap gefunden, die man noch verbessern konnte und das haben sie ja auch gemacht… Und es ist doch einfach geil geworden!

MZ: Wie wichtig ist es für euch als deutsche Cast, dass die Übersetzung bzw. zumindest einige Highlights als EP aufgenommen wurden?

CC: Also für uns als Cast war es so wichtig etwas aufzunehmen an das wir uns erinnern können und mit dem wir diese Übersetzung auch würdigen können, weil wir haben ja hier in Deutschland auch mit der ersten Übersetzung von „Hamilton“ überhaupt Geschichte geschrieben, daher war das nicht nur für die Fans wichtig.

MZ: Was ist deine schönste Erinnerung an die Spielzeit von „Hamilton“ in Hamburg?

CC: Ich muss sagen, dass die Probenzeit wahrscheinlich meine liebste Zeit des Vertrages war… Es hat einfach so viel Spaß gemacht und war so etwas Besonderes diese Show (kennen-)zu lernen, weil sie ein Monster ist… Es war so schwer, aber das amerikanische Kreativteam begegnete uns mit großer Akzeptanz, Offenheit und Unterstützung, sodass es sehr angenehm war mit ihnen zu arbeiten und zum ersten Mal empfand ich mich als die Schauspielerin, die ich bin, auch sehr respektiert – das war für uns einfach ein Mega-Highlight!

MZ: Kürzlich hast du das Stück ja auch am Broadway erlebt – wie hat das auf dich als Amerikanerin im Vergleich gewirkt?

CC: Ich habe es ja schon vor Jahren in England gesehen und das war super. Dann habe ich unsere Version gesehen und das war super, aber das dann am Broadway zu sehen.. It feels like home – es fühlt sich an als hätte ich meinen Traum, diese Show zu spielen, erreicht, aber der Traum geht noch weiter… Da draußen gibt es noch einen Aspekt und ich werde immer noch schuften und weiterarbeiten auch den in Erfüllung zu bringen! Ich manifestiere und sage jetzt schon mal, dass das nicht mein letztes Mal gewesen sein wird… Natürlich hätte ich mir sehr gewünscht, dass es hierbleibt und sofort verlängert, aber das wird irgendwo anders in Englisch weitergehen…

MZ: Was für Auswirkungen hat die Musical-Revolution auf die Wahrnehmung des Genres hierzulande deiner Meinung nach langfristig?

CC: Ich denke, Deutschland kann sich von nun an auf eine neue Generation von Musicals vorbereiten… Es wird einfach neue Perspektiven, neue wichtige Geschichten und Diverses Casting geben. Ich glaube, dass hat „Hamilton“ jetzt richtig ausgelöst und wir können uns auf viele neue Dinge freuen!

MZ: Wir sind auf jeden Fall gespannt! Danke dir für deine Antworten und viel Erfolg für deine Zukunft mit „Hamilton“!

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Vielen Dank an Chasity Crisp für die Beantwortung der Fragen und an Stage Entertainment für die Interview-Möglichkeit!

(Bildquelle (c) Johan Persson)

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