Die Goldenen Zwanziger – ein Jahrzehnt voller Exzesse, Lebenslust und künstlerischer Freiheit… Mit „Berlin Berlin“ erwacht diese pulsierende Epoche erneut zum Leben. Das Musical entführt das Publikum in eine Welt, in der der Charleston das Tempo vorgibt und Glitzer, Tanz sowie Provokation regieren. Wir berichten vom schillernden Tourstopp am ,Theater 11‘ in Zürich:
Das Musical „Berlin Berlin”:
Ein schillernder Club in Berlin, der legendäre Admiralspalast, wird zur Bühne für eine hemmungslose Feier. Die Nacht lebt von schwindelerregendem Tempo, lasziven Tänzen und den großen Namen der damaligen Zeit. Ob die exzentrische ‚Anita Berber‘, die gefeierte Diva ‚Marlene Dietrich‘ oder die weltberühmten ‚Comedian Harmonists‘ – sie alle prägen das pulsierende Bild dieser Ära. „Berlin Berlin“ setzt dabei nicht auf eine durchgehende Handlung im klassischen Sinn, sondern verwebt ikonische Figuren, Musiknummern und historische Entwicklungen zu einem ausgelassenen Porträt der 1920er.
Was zunächst als rauschhafte Feier der Dekadenz beginnt, entfaltet nach und nach eine tiefere Dimension. Während der erste Akt vor Lebensfreude und ungebremster Vergnügungslust sprüht, schleicht sich im Verlauf der Inszenierung ein subtiler Wandel ein. Zwischentöne der Unsicherheit und aufkommende, politische Spannungen werfen Schatten auf das glitzernde Treiben. Die Freiheit und Sinnlichkeit der Zwanziger weicht zunehmend gesellschaftlicher Restriktion, Angst und Ausgrenzung. Der scharfe Bruch mit der unbeschwerten Atmosphäre ist ebenso konsequent wie erschütternd. Dadurch erhält die Show eine beklemmende Aktualität.
Die musikalischen Arrangements von Rich Morris greifen das Flair der Goldenen Zwanziger authentisch auf und verbinden das Bühnengeschehen nahtlos mit der Begleitung durch die Band. Diese, unter der Leitung von Dominik Franke, unterstreicht das Geschehen subtil, während die Musiker meist verborgen hinter dem silbernen Glittervorhang bleiben. Erst in ausgewählten Szenen hebt er sich. Songs wie „Puttin’ on the Ritz“, „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, „Mackie Messer“ und „Bei mir bist du schön“ fangen die Atmosphäre der Ära passgenau ein. Gleichzeitig verleihen sie der Inszenierung musikalische Strahlkraft.
Die Besetzung der Vorstellung:
Tobias Licht als charismatischer ‚Admiral‘ führt mit scharfem Witz und charmanter Präsenz durch den Abend. Seine gesanglichen Einlagen sind kraftvoll und facettenreich. Sein Schauspiel balanciert gekonnt zwischen mondäner Eleganz und unterschwelliger Melancholie. Besonders in den ruhigeren Momenten zeigt er feine Nuancen, die den gesellschaftlichen Wandel der Ära spürbar machen.
Sebastian Prange verkörpert den naiv-gutgläubigen ‚Kutte‘ mit spitzbübigem Charme. Sein humorvoll-unschuldiger Blick auf die dekadente Welt um ihn herum sorgt für zahlreiche Lacher. Dabei überzeichnet er die Figur nicht. Gesanglich bringt er eine angenehme Wärme und Leichtigkeit in seine Nummern, wodurch er zusätzliche Sympathie gewinnt.
Sophia Euskirchen begeistert als exzentrische und skandalträchtige ‚Anita Berber‘. Ihre Darbietung changiert zwischen rauschhafter Hingabe und innerer Zerrissenheit. Dies setzt sie stimmlich ebenso intensiv um wie durch ihre Gestik und Mimik. Mit kraftvoller Stimme und eindringlicher Präsenz fängt sie die schillernde, aber tragische Aura der Berühmtheit fein ein.
Theresa Weber als ‚Marlene Dietrich‘ verleiht ihrer Interpretation der Leinwandikone eine erhabene Eleganz. Ihre dunkle, rauchige Stimme verleiht Klassikern wie ,,Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ eine besondere Tiefe. Dadurch unterstreicht sie die mysteriöse Aura, die Dietrichs Bühnenauftritte prägte.
Lucy Campbell als Cover für ‚Josephine Baker‘ bringt Schwung und spielerische Leichtigkeit in die Show. Ihre energiegeladene Bühnenpräsenz und ihr jazzig angehauchter Gesang lassen die berühmte Tänzerin mit all ihrer Ausdruckskraft aufleben.
Die ‚Comedian Harmonists‘, dargestellt von Samuel Franco, Yannic Blauert, Kevin Dickmann, Johannes Krimmel und Lucca Kleimann, liefern mit ihren harmonischen Gesangsnummern musikalische Höhepunkte. Ihre Stimmen verschmelzen mühelos zu einem nostalgischen Klangbild. Besonders in „Bei mir bist du schön“ kommt ihre mitreißende Dynamik beim Publikum gut an.
Das gesamte Ensemble tanzt mit einer beeindruckenden Mischung aus Synchronität und Spielfreude. Ob Charleston, Lindy Hop oder laszive Burlesque-Einlagen – die Choreografien sind temporeich, frech und voller Energie. Besonders die akrobatischen Hebefiguren und das perfekt getimte Zusammenspiel verleihen den Tanznummern eine mitreißende Dynamik.
Die Show in Zürich:
Regisseur Christoph Biermeier inszeniert die Revue als rauschendes Fest, das ebenso glamourös wie melancholisch ausklingt. Die temporeichen Tanzszenen von Choreograf Matt Cole bringen den exzessiven Geist der Zwanziger auf die Bühne und lassen die pulsierende Atmosphäre jener Zeit aufleben. Die Kostüme von Katia Convents mit funkelnden Stoffen unterstreichen das extravagante Flair der Epoche.
Das Bühnenbild von Conny Kraus nutzt eine große, teilbare Treppenkonstruktion als zentrales Element. Sie dient als Auftrittsfläche, Clubkulisse und Rahmen für intime Szenen. Durch geschickt platzierte Requisiten – Tische, Stühle und eine Bar – entstehen variable Räume. Diese verstärken die Illusion eines pulsierenden Nachtlebens.
Mit einer mitreißenden Besetzung, schillernder Optik und einer stimmungsvollen musikalischen Inszenierung ist „Berlin Berlin“ in erster Linie eine lebendige und schillernde Revue über die Berliner 1920er. Der Abend ist voller Nostalgie, Tanz und bittersüßer Melancholie – rasant, elegant und mit einem Hauch von Skandal. Die Show verbindet legendäre Melodien mit kunstvollen Choreografien und einer Prise Zeitgeschichte – eine ebenso unterhaltsame wie bittersüße Hommage an eine Ära zwischen Euphorie und Abgrund.
Weitere Informationen und Tickets für „Berlin Berlin“ erhaltet ihr hier.
Besuchte Vorstellung: 1. März 2025 (Matinee von „Berlin Berlin“) im Theater 11 in Zürich.
Vielen Dank an FBM Entertainment für die freundliche Bereitstellung der Pressekarten für „Berlin Berlin“.
(Bildquelle (c) Jens Hauer)
Sophia ist 26 Jahre alt und schreibt seit Frühjahr 2023 Beiträge für Musicalzone.de. Sie ist auch außerhalb des Musical-Genres öfter im Theater anzutreffen. Neben ihrer Passion rund ums Theater befindet sich Sophia in ihrem Doktoratsstudium der Naturwissenschaften.