Bei „Evita“ denken viele zunächst an den Film mit Madonna. Der Choreograph des Films, Vincent Paterson, hat das Musical von Andrew Lloyd Webber & Tim Rice nun im Wiener Ronacher neu inszeniert. Wir haben die Produktion besucht und berichten für euch:

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In „Evita“ geht es um das argentinische Straßenmädchen Mariá Eva Ibarguren. Nachdem der Tangosänger Agustín Magaldi sie mit nach Buenos Aires nimmt, erlebt sie einen sozialen Aufstieg und wird zur Schauspielerin Eva Duarte. Ihren Einfluss verstärkt sie durch weitere Affären – später wird sie die Frau von Juan Perón, dem späteren Präsidentin des Landes. Als First Lady gilt sie als großzügig und wird als Evita vom Volk, das sie als eine von ihnen sieht, zu einer Heiligen stigmatisiert. Unter anderem dadurch zieht sich das Präsidentenpaar den Unmut des Militärs zu.
Erzählt wird ihr Aufstieg von dem Revoluzer Ché, der den Aufstieg der Mächtigen ironisch hinterfragt und auffordert hinter den Schein zu schauen.

Das große Orchester, unter der Leitung von Carsten Paap, spielt die ganze Palette – von argentinischen Tango-Rhythmen über Rock-Passagen bis zur langsamen Kultballade „Wein nicht um mich, Argentinien“ – fehlerfrei und mit viel Energie.

Katharine Mehrling ist Eva Perón. Das 15-jährige Straßenmädchen nimmt man ihr, aufgrund ihrer markanten Stimme, kaum ab. Umso besser verkörpert sie die reifere Evita als starke Persönlichkeit, was ihre dominante Stimme nochmals unterstützt. Leider hat sie zeitweise mit den hohen Tönen etwas zu kämpfen.

Thomas Borchert zeigt als Juan Perón zum einen den Politiker aber auch den Menschen dahinter glaubhaft. Gesanglich scheint er in seinen wenigen Passagen unterfordert, dennoch interpretiert er sie mit kräftiger Stimme.

Drew Sarich ist als Ché der Publikumsliebling, der auch mit diesem interagiert. Den ironischen Grundton des Charakters trifft er durchgehend und ist so für einige Lacher verantwortlich, die jedoch auch einen ernsteren Hintergrund haben. In seinen, meist schnellen, Gesangparts kann er stets mit einer starken Stimme begeistern.

Das ganze Ensemble harmoniert gut und kann stimmlich überzeugen. Auch die schnellen Choreographien tanzen sie fehlerfrei. Schauspielerisch kann man bis in die kleinen Rollen die Einstellung des Volks gut erkennen.

Das Publikum wird an verschiedensten Stellen gut in die Handlung mit einbezogen und dadurch mit in die Rolle des Volkes versetzt.
Die Bühne verfügt über ein cleveres System, dass die verschiedensten Schauplätze zeigt und auch an den passenden Stellen die Trennung von Regierung und Volk deutlich macht. Teilweise sind Elemente jedoch zu kitschig gestaltet.
Ein gelungenes Lichtdesign unterstützt die verschiedenen Handlungsorte. Auch die aufwendigen Kostüme passen zum Lebensgefühl im Land und dem Auftreten der Regierung.
Die Choreographien sind dagegen sehr thematisch orientiert und verdeutlichen das Gesagte – oft stark überzeichnet.

Wer über kleine Schwächen der Show hinweg sehen kann, der erlebt im Ronacher eine unterhaltsame und lehrreiche Zeitreise, die zum Nachdenken anregt.

Mehr Informationen sowie Tickets zur Produktion bekommt ihr hier.

Besuchte Vorstellung: 19. April 2016 im Ronacher, Wien

Vielen Dank an die Vereinigten Bühnen Wien für die freundliche Einladung.

(Bildquelle (c) Deen van Meer)

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